7. Inneren Frieden finden

„Meditation zu lernen ist das größte Geschenk, das Sie sich in diesem Leben machen können. Denn nur durch Meditation kann Ihnen die Entdeckung Ihrer wahren Natur gelingen. Und nur in ihr werden Sie die Stabilität und das Vertrauen finden, die nötig sind, um gut zu leben und gut zu sterben.“ (Sogyal Rinpoche)

Zusammenfassung der Kernaussagen dieses Artikels:

Auch das Meditieren sehe ich als Breitbandtherapeutikum an. Es gibt eine überzeugende Vielzahl von Studien seriöser Wissenschaftler, die den gesundheitlichen Nutzen der Meditation – neben all den anderen guten Effekten – belegen. Meditieren ist eine Pflegekur fürs Gehirn, für den Körper und die Seele. Sie hilft uns, Abstand zu den Dingen des Alltags und uns selbst einzunehmen. Sie verbessert die Gedächtnisfunktionen unseres Gehirns. Meditation stärkt unsere Fähigkeit zur Konzentration und hilft, komplexe Situationen im Alltag schneller und stimmiger beurteilen zu können. Meditieren stärkt nachweislich das Immunsystem. Sie hilft, Entzündungsprozesse im Körper zu verringern – und könnte dadurch sogar der Krebsprävention dienen. Sie verlangsamt unsere körperlichen Alterungsprozesse. Sie beschert seelische Ausgeglichenheit und macht uns glücklicher. Sie nützt dabei, Ängste und Depressionen zu mildern. Meditation hilft, den Blutdruck, die Atem- und die Herzfrequenz zu senken, hat also insgesamt eine beruhigende Wirkung auf unsere Körpersysteme. Auch chronische Schmerzen werden nachweislich von Meditierenden als weniger belastend erlebt. Als Psychotherapeut betone ich das besondere Potential der Meditation, meinen Patienten und uns allen beim überaus wichtigen Aufbau einer sicheren und starken Beobachterperspektive zu helfen, von der aus wir gelassen und sicher auf uns selbst und auf die Dinge schauen können. Eine Anleitung zu einer Achtsamkeitsmeditation ist angefügt. Und, nicht zu vergessen: Meditation ist ein Erleuchtungsweg.

Vielleicht halten Sie die Technik der Meditation immer noch für den sonderbaren und nutzlosen Zeitvertreib esoterischer Sektierer, weltfremder Mönche oder menschenscheuer Außenseiter?

Nichts könnte weiter entfernt sein vom aktuellen Stand der Forschung zur Meditation. Neueste Erkenntnisse über diese Technik der Selbsterkundung zeigen in sehr überzeugender Weise, dass das Meditieren ein echtes und enorm kostengünstiges Breitbandtherapeutikum darstellt. Meditieren hilft uns nachweislich dabei, unsere Gesundheit zu stärken. Meditation ist gleichsam eine Pflegekur fürs Gehirn, für den ganzen Körper und für die Seele. Daher gehören säkularisierte Meditationstechniken wie etwa die Achtsamkeitsmeditation des MBSR in unseren fortschrittlichsten psychosomatisch orientierten Kliniken wie selbstverständlich zum therapeutischen Standardprogramm.

Dass Meditation so günstige Effekte auf unsere Gesundheit hat, ist eigentlich nicht überraschend. Die Worte „Meditation“ und „Medizin“ entstammen demselben Wortstamm. Der inzwischen emeritierte Harvard Mediziner Herbert Benson hatte schon in den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts belegt, dass meditative Techniken, die bestimmte Schlüsselelemente aufweisen, eine heilsame Entspannungsreaktion mit sich bringen (vgl. Mosaikstein 3 Entspannen). Zudem können wir mit Hilfe der Meditation Abstand zum Alltag gewinnen und unsere Nähe zum Sein vertiefen. Und wie wir wissen, ist es genau dieser innige Kontakt zum Sein, zum Wesen selbst, der letztlich für unsere Heilung sorgt (vgl. Mosaikstein 4 Natur heilt). Ein dritter Punkt: Meditieren hilft uns, zur Ruhe zu kommen. Und „Dr. Ruhe“ gilt schon seit Alters her als ein mächtiger Heiler!

Es gibt sehr viele Formen der Meditation. Gemeint ist an dieser Stelle die Achtsamkeitsmeditation. Eine Anleitung finden sie hier ….

Was wissen wir nun Genaueres über die heilsamen Prozesse, die beim Meditieren in uns ablaufen?

Beim Meditieren in Stille geschehen ganz von alleine Reparaturprozesse im Gehirn, die die zerstörerischen Auswirkungen von zu viel Stress, der einhergeht mit einem Übermaß des Stresshormons Cortisol im Organismus, rückgängig machen. Insbesondere das Gehirnareal des Hippocampus, zuständig für Lernen und Gedächtnis, profitiert sehr stark von Meditation. Die sogenannte graue Substanz wächst in diesem Bereich nachweislich, was als Beleg für die Zunahme von Nervenzellen und ihrer Verknüpfungen gedeutet wird.
Umgekehrt wird die graue Substanz im „Rauchmelder“ (van der Kolk) unseres Gehirns, dem Mandelkern (lat. Amygdala), der als unser Angst- und Alarmzentrum gilt, verringert. Das bedeutet, dass unser emotionales Angstsystem weniger schnell anspringt, unsere Ängste entweder gar nicht erst entstehen oder leichter und schneller besänftigt werden können. Der innere Daueralarm wird also gleichsam abgeschaltet und innere Gelassenheit kann zunehmen. Dieser segensreiche Effekt tatsächlicher materieller Veränderungen im Gehirngewebe sei laut neuen Erkenntnissen bereits nach 8 Wochen regelmäßiger 20-minütiger Meditation bei einer Untersuchung im Magnetresonanztomographen nachweisbar. (Vgl. Literaturempfehlung Goette, S. 116f).
Angststörungen werden durch Meditieren nachweislich gemildert.

Damit nicht genug. Beim Meditieren werden Botenstoffe gehemmt, die für Entzündungsprozesse im Körper verantwortlich gemacht werden. (Vgl. Langbein, S. 113). Das ist sehr bedeutsam, denn Entzündungsprozesse werden heutzutage als wesentliche Anfangsstadien vieler bedrohlicher Erkrankungen, wie etwa auch des Krebses, angesehen.

Meditation hilft offenbar dabei, den Alterungsprozess unseres Gehirns und unseres Körpers zu verlangsamen. Salopp gesagt: Meditieren hält länger frisch.

Und mehr noch: Richard Davidson, einer der weltweit führenden Gehirnforscher, konnte nachweisen, dass Meditieren die Aktivität des linken Frontallappens unseres Gehirns um bis zu 50 Prozent erhöhen kann. (Vgl. Davidson, S. 214) Das ist wichtig, weil diese Region uns positive Gefühle und Ausgeglichenheit beschert. Traumatisierte Menschen leiden an einer höheren Aktivität des rechten Frontallappens, der mit negativen Emotionen assoziiert ist. Geduldiges Üben der Meditation verschiebt den Schwerpunkt unserer Gehirnaktivitäten allmählich auf die linke Frontallappenregion und wir erleben häufiger Freude, Wohlgefühl und Glück! Da erstaunt es nicht, dass auch die bedrückenden Symptome von Depressionen durch regelmäßiges Meditieren gemildert werden können. Davidsons bekannteste Versuchsperson ist der ehemalige Molekularbiologe am Pariser Pasteur Institut und spätere buddhistische Mönch Matthieu Ricard. Ricard hat über 30 Jahre lang regelmäßig meditiert. Davidson hat bei ihm und anderen Langzeitmeditierenden festgestellt, dass die Gehirnareale, die mit Liebe, Freude und Mitgefühl zu tun haben, besonders ausgeprägt entwickelt sind.

Es wird sie an dieser Stelle wohl nicht mehr überraschen, zu erfahren, dass regelmäßiges Meditieren das Immunsystem stärkt und zu einer nachweislichen Zunahme und verstärkten Aktivität der Sendboten unserer Immunabwehr führt. Wenn Sie also an einer besseren Immunabwehr interessiert sind, dann ist regelmäßiges Meditieren sicher eine gute Idee!

Meditation hilft, den Blutdruck, die Atem- und Herzfrequenz zu senken, hat also insgesamt eine beruhigende Wirkung auf unsere Körpersysteme. Auch chronische Schmerzen werden nachweislich von Meditierenden als weniger belastend erlebt.
„Innerer Friede wirkt sich auch positiv auf unsere körperliche Gesundheit aus.“ (Dalai Lama)

Achtsames Meditieren und In-Stille-sitzen helfen uns also, gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden. Meditation ist gute Medizin. Falls Sie sich wundern sollten, warum diese Wahrheiten so wenig bekannt sind und propagiert werden, so möchte ich sie darauf hinweisen, dass das paradoxerweise daran liegen könnte, dass diese Technik schlicht kostenlos zu haben ist und sie auch nicht als Pille verkauft werden kann. Allenfalls ihr Meditationslehrer könnte daran verdienen, aber eben keiner der großen Konzerne des medizinisch-technischen Industriekomplexes, die unseren gigantischen Gesundheitsmarkt beherrschen und die vom Verkauf ihrer Produkte leben.

Natürlich hilft Meditation auch dabei, sich besser konzentrieren zu können. Sie ermöglicht bei zunehmender Übung eine Wachheit und Klarheit des Geistes, der gleichzeitig hoch konzentriert und ruhig und entspannt ist. Beim schon erwähnten Mathieu Ricard konnte Richard Davidson während der Meditation im EEG starke Ausschläge im schnellen Gammawellen-Bereich feststellen. „Das sind Hirnströme über 30 Hertz, die allerhöchste Stufen von Konzentration, Wachheit und Aufmerksamkeit anzeigen.“ (Goette, 119)

Für mich als Psychotherapeuten finde ich das Meditieren als besonders segensreich, weil es Menschen dabei hilft, eine sichere und mitfühlende Beobachterposition aufzubauen, die es der jeweiligen Person gestattet, alles in sich selbst mit Offenheit und Freundlichkeit wahrzunehmen und anzuerkennen. Je stabiler diese Beobachterposition ist, desto mehr kann ein Mensch sich selbst erkennen und selbstbewusst handeln und desto weniger wird er von unangenehmen Emotionen oder stürmischen Gedanken mitgerissen werden. Gleichsam en passant verwandelt sich so auch seine Selbstbeziehung: Wo früher vielleicht Unwissenheit und Selbstablehnung (oder auch unangemessene Selbstglorifizierung) das Verhältnis zu sich selbst dominierten, nehmen mehr und mehr Selbstbewusstsein, Selbstaussöhnung und Selbstakzeptanz deren Raum ein. Wer sich in Meditation übt und geduldig dabei bleibt, wird sich selbst mehr und mehr zum Freund. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Der Raum zwischen Beobachter und Beobachtetem wird allmählich immer klarer und freier. Gerade so wie ein aufgewühlter See durch all die in ihm treibenden Schwebstoffe undurchsichtig und trübe ist und wieder durchsichtig und klar wird, wenn mit der Zeit all die Schwebstoffe ganz von alleine auf den Boden sinken, so tritt beim Meditieren im Laufe der Zeit die wahre Natur des Geistes in seiner strahlenden Klarheit hervor.

Auf diesem Weg mag helfen, was einer der bekanntesten Meditationslehrer unserer Zeit vorschlägt. Gemeint ist der ehemalige Cambridge-Physiker und jetzige Abt eines buddhistischen Klosters in Australien, Ajahn Brahm. In Deutschland ist er unter anderem dadurch aufgefallen, dass zwei seiner Bücher – jeweils Sammlungen von heiteren buddhistischen Lehrgeschichten – zu Bestsellern wurden und zu den zehn meist verkauften Büchern zählten (Anmerkung 1). Brahm schlägt nun vor, stets „Freundlichkeit, Sanftmut und Loslassen“ zwischen das eigene beobachtende Gewahrsein und das beobachtete Objekt zu stellen: „Man übt Geduld, man lässt sich darauf ein, bis die Dinge wieder zur Ruhe kommen. Selbst wenn ein Meditationsobjekt etwas Unangenehmes hat, könnt Ihr mit genügend Achtsamkeit euer Unbehagen oder Übelwollen hinter euch bringen, bis Freundlichkeit, Sanftmut und Loslassen überwiegen. Das sind übrigens die drei Dinge, die ich immer in den Raum zwischen mir und dem Objekt stelle.“ (Brahm 2012, S. 57) Weitet man also diese Art der Beziehung mehr und mehr aus und erlaubt, dass sich diese Beziehungsform auf den Raum zwischen sich selbst und allen anderen Objekten da draußen – also auch alle anderen Menschen – ausdehnt, so wird man unweigerlich feststellen, dass die Welt ein freundlicherer Ort wird.

Ich empfehle sehr, das Meditieren bei einem erfahrenen Lehrer zu erlernen, weil selbst diese so sanfte Methode nicht ganz ohne Risiken ist. Am Einfachsten gelingt ein Einstieg heutzutage über die Teilnahme an einem MBSR-Kurs bei einem qualifizierten Ausbilder. Wer Literatur dazu sucht: Der Vater des MBSR, Jon Kabat-Zinn hat mit seinem Buch „Gesund durch Meditation“ einen modernen Klassiker geschrieben. Wunderbar gefallen haben mir auch die Bücher und CDs des Meditationslehrers Jack Kornfield, insbesondere das unten in der Literatur genannte. Wer Zweifel an all dem hat und diese einer wissenschaftlichen Überprüfung aussetzen will, mag das recht aktuelle Buch eines der bekanntesten deutschen Meditationsforschers und Neurowissenschaftlers Ulrich Ott: „Meditation für Skeptiker“ lesen.

Betrachtet man die vielfältigen günstigen Auswirkungen, die eine regelmäßige Meditationspraxis auf uns hat, dann kann man die Sicht des tibetischen Weisheitslehrer Sogyal Rinpoche, von dem das Eingangszitat ist, sicher besser verstehen: Meditation zu erlernen ist das größte Geschenk, das sie sich machen können. Ob Sie dieses Geschenk nun annehmen oder nicht, ist ganz allein Ihnen überlassen.

Angemerkt sei noch, dass Meditation sehr viel mehr ist als nur eine weitere Technik, die unserer Gesundheit dient. Sehr viele Menschen auf dieser Erde halten sie für den Königsweg zu letztendlicher menschlicher Erfüllung. „Meditation ist der Weg, der zur Erleuchtung führt.“ (Sogyal Rinpoche)

Mathieu Ricard definierte im Gespräch mit dem bekanntesten Meditationsforscher Deutschlands und einem der weltweit führenden Hirnforscher, Wolf Singer, den Zweck der Meditation so: Sie diene dazu, zu „… lernen, in der Frische des Augenblicks zu verweilen – das Vergangene ist vorbei, die Zukunft noch nicht erschlossen, und wenn man in reiner Achtsamkeit und Freiheit verharrt, dann kommen die störenden Gedanken, aber sie gehen auch wieder, ohne Spuren zu hinterlassen – das ist Meditation.“ (Singer & Ricard (2008), S. 14)

Anmerkung 1: Es handelt sich um Brahm, Ajahn (2006): „Die Kuh, die weinte“ und Brahm, Ajahn (2015): „Der Elefant, der das Glück vergaß“, beide erschienen im Lotos Vlg.

Literaturempfehlungen:

  • Brahm, Ajahn (2012): Meditation. Kraft und Klarheit für den Geist, München: Lotos Vlg.
  • Davidson, Richard & Begley, Sharon (2012) Warum wir fühlen, wie wir fühlen. Wie die Gehirnstruktur unsere Emotionen bestimmt – und wie wir darauf Einfluss nehmen können, München: Arkana (nur was für wissenschaftlich sehr Interessierte)
  • Goette, Sabine (2016): Selbstheilung. Warum Gesundheit im Kopf beginnt und was die Wissenschaft darüber weiß, München: Droemer Knaur Vlg. Die gebundene Ausgabe des Buchs erschien schon 2013 unter dem Titel „Die Heilkraft des inneren Arztes“. Das Buch ist unter neuem Titel 2016 als Taschenbuch erschienen. Auch das sind sehr gut investierte 9,99 Euro!
  • Kabat-Zinn, Jon (1994): Gesund durch Meditation. Das große Buch der Selbstheilung, O.W. Barth Vlg
  • Kornfield, Jack (2004): Frag den Buddha und geh den Weg des Herzens, Ullstein Vlg.
  • Langbein, Kurt (2016): Weissbuch Heilung. Wenn die moderne Medizin nichts mehr tun kann, München: Goldmann – Im Original als Taschenbuch für 9,99 Euro erschienen; ein guter Preis für sehr viele aktuelle Wissenschaftsinfos aus der Mind-Body-Medizin.
  • Ott, Ulrich (2010): Meditation für Skeptiker. Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst, O.W. Barth
  • Singer, Wolf & Ricard, Mathieu (2008): Hirnforschung und Meditation. Ein Dialog, Frankfurt: Suhrkamp

Zusätzliches Material

Achtsam meditieren

Eine typische Meditationssitzung sieht in etwa so aus: Man sitzt still, mit geradem Rücken, die Wirbelsäule ist aufrecht wie ein „Stapel Goldmünzen“, wie es in einer klassischen Anweisung heißt. Es hilft, sich vorzustellen, dass am Scheitelpunkt des Kopfes eine Schnur festgemacht ist, die einen sanft nach oben zieht und dabei die Wirbelsäule dehnt und aufrichtet. Das Sitzen ist gleichzeitig so aufrecht und so entspannt wie möglich. Die Schulter entspannen sich und senken sich nach unten. Die Hände ruhen im Schoß oder auf den Oberschenkeln. Die Augen sind offen oder geschlossen. (Ich ziehe die Meditation mit offenen Augen vor.) Wenn die Augen offen gelassen werden schauen sie entspannt auf einen Punkt ca. einen Meter vor sich auf dem Fußboden. Das Bewusstsein wird auf die Atmung oder ein (schönes) Fokuswort oder -objekt gelenkt und dort beibehalten. (Ich fokussiere gerne auf meine Bauchdecke, die sich im Rhythmus der Atmung bewegt. Oder ich zähle von 1 bis 10 und beginne dann wieder bei 1 und immer so weiter.) Alle sonstigen Gedanken, Empfindungen oder Sinneseindrücke, die im Raum des Gewahrseins auftauchen, werden zwar registriert doch anschließend sich selbst überlassen. Man verankert sich mehr und mehr in der Position des achtsamen Beobachters, lässt Gedanken und alle anderen möglichen Objekte der Beobachtung vorbeiziehen und folgt ihnen nicht und greift nicht nach ihnen. Vergleichbar ist diese Haltung der beobachtenden Wahrnehmung eines Passanten, der am Straßenrand steht und der Parade eines Umzugs zuschaut, die auf der Straße an ihm vorbeizieht. Der Passant beobachtet nur, er steht und schaut und reiht sich nicht in die Prozession ein. Die Intention in der Meditation ist genau dieses: Gleichsam am Rande der Parade stehen zu bleiben, der Prozession der vorbei ziehenden Objekte – in der Regel der eigenen Gedanken – zuzuschauen, ihr jedoch nicht zu folgen. Geschieht dies dennoch, was unvermeidlich ist und zumal am Anfang sehr häufig passiert, so kehrt man – ohne sich für das Abschweifen zu verurteilen oder ein Problem daraus zu machen – mit all der freundlichen Nachsicht gegenüber sich selbst zu der man in der Lage ist – zu seiner Beobachterposition zurück. Meditation ist also nicht Nichtstun, sondern das Aufrechterhalten eines ebenso entspannten wie konzentrierten Gewahrseins. Für den angemessenen Spannungsgrad der Konzentration hat Buddha selbst das Bild der richtigen Spannung der Saite eines Musikinstruments gewählt: weder zu fest noch zu weich. Die Dauer einer solchen Meditation kann variieren. In westlichen Kulturkreisen haben sich 20 Minuten als „Standard-Meditations-Zeit“, wie dies der tibetische Meditationslehrer Sogyal Rinpoche scherzhaft nennt, heraus gebildet. Sie kann sehr viel länger dauern oder auch kürzer sein. (Ich meditiere oft über eine Dauer von 45 Minuten.) Entscheidend ist jedoch nicht die Dauer, sondern die Qualität der Meditation. Es ist sinnvoll, die Meditation als mehr oder minder tägliche Praxis in den eigenen Alltag einzubauen. Üben ist auch hier entscheidend. Geben Sie nicht auf wenn sich nicht sofort Erfolge einstellen, sondern wappnen sich mit der „Rüstung der Geduld“. Wenn sie mit Ausdauer und entspannt weiter üben, werden sich Fortschritte an innerer Ruhe und Gelassenheit mit Sicherheit einstellen.